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Post reimt sich auf Kotzen nicht aber auf Kunde

In diesem Blog möchte ich zeigen, dass in einem frustrierten Kunden große Chancen stecken…

…und wie die Deutschen Post den Ball an die Latte haut.

Das Fallbeispiel

Frustlevel 1

Meine Frau feiert am achten April ihren Geburtstag. Dieses Jahr habe ich mich dazu entschieden, ihr eine ganze Menge kleinerer Präsente zu machen, die zusammen eine Geschichte erzählen. Den Schlussstein zu dieser Geschichte habe ich bei Amazon bestellt. Ohne diesen Schlussstein kommt die Komposition nicht richtig zur Geltung.

Mit der Bestellung habe ich leider ein wenig lange gewartet. Dennoch hat mir Amazon eine Lieferung am siebten April, also einen Tag vor dem Geburtstag meiner Frau zugesagt. Knapp aber OK.

Als ich dann am siebten April etwa um 11 Uhr zum Briefkasten ging, fand ich nur den typischen gelben Zettel der Post vor. Er sagte mir, dass der Briefträger um 10:05 Uhr nicht dazu in der Lage war, mir mein Päckchen zuzustellen. Seltsam, da ich Corona bedingt permanent im Home-Office bin und definitiv zu Hause war.

Genau zu diesem Zeitpunkt stellte sich bei mir die erste Stufe eines Kunden–Störgefühls ein: „Warum hat der Postbote nicht bei einem Nachbarn geklingelt? Wenn mir Amazon über seinen Lieferdienst eine Sendung zustellt, geschieht das immer. Hmm typisch Post!“

Frustlevel 2

Aber naja. Auf der Karte stand ja auch, dass ich mir das Päckchen in meiner Postfiliale abholen kann. Somit bin ich dann um 14 Uhr zu meiner Postfiliale gegangen, um meine Sendung dort abzuholen. Nachdem ich etwa eine halbe Stunde in der Schlange gewartet hatte, sagte mir der Mann am Schalter: "Nicht zugestellte Sendungen können erst am nächsten Tag abgeholt werden. Steht ja auch auf der Karte."

Natürlich bekam ich es da langsam mit der Angst zu tun, da ich mir die enttäuschten Augen meiner Frau vorstellte. Das sagte ich dem Postangestellten auch. Der blickte mich ungerührt an und meinet einfach nur wieder, dass ich das Päckchen morgen Nachmittag abholen kann.

Genau zu diesem Zeitpunkt stellte sich bei mir die zweite Stufe eines Kunden–Störgefühls ein: „Warum geht der Mann nicht auf mein Problem ein, dass ich mit dem Service der Deutschen Post habe? Beim Amazon Lieferdienst ist mir sowas noch nie passiert.“

Frustlevel 3

Nachdem der Schalterangestellte einige meiner Lösungsvorschläge („Sagen Sie mir doch bitte, wo der Postbote gerade ist, dann hole ich mir mein Päckchen dort ab.“) kalt lächelnd ablehnte, fragte ich ihn, wo ich mich denn beschweren könne. Er gab mir darauf eine Telefonnummer mit dem Kommentar, dass das eh nichts bringt.

Genau zu diesem Zeitpunkt stellte sich bei mir die dritte Stufe eines Kunden–Störgefühls ein: „Warum werde ich von ihm behandelt wie ein lästiger Bittsteller?“ Bei Amazon ist mir sowas noch nie passiert und ich kenne auch niemanden, dem sowas schonmal passiert wäre.

Frustlevel 4

Noch auf dem Parkplatz vor der Postfiliale kam es dann zum Showdown meiner Frust-Eskapade. Mit vor Wut zitternden Fingern, wählte ich die mir genannte Nummer für Kundenbeschwerden. Nachdem ich mich etwa 3 Minuten durch etliche „Menüpunkte“ gearbeitet hatte, hörte ich die Stimme einer echten Sachbearbeiterin.

Dieser erzählte ich mein Problem: Nämlich der enttäuschte Blick meiner Frau, wenn ich mein Päckchen nicht heute noch bekomme. Ihre Antwort war: „Sendungsnummer?“ (Hatte ich die nicht gerade in einem Untermenüpunkt eingeben müssen?) Nachdem ich ihr die Sendungsnummer mitgeteilt hatte, sagte sie mir: „Sie können die Sendung morgen in ihrer Postfiliale abholen.“

Genau zu diesem Zeitpunkt stellte sich bei mir die vierte Stufe eines Kunden–Störgefühls ein: „Warum sagt mir die Frau was eh schon auf meiner gelben Karte steht und hilft mir nicht bei meinem eigentlichen Problem?“ Bei Amazon tun sie sowas immer.

Frustlevel 5

Nachdem mir die Sachbearbeiterin sagte, sie könne mir von hier ab nicht mehr weiterhelfen, verlangte ich ihren Vorgesetzten zu sprechen. Das verneinte Sie. Somit beschloss ich, dass es nun an der Zeit sein ein wenig energischer zu werden. Ich sagte ihr also: „Bitte glauben sie mir. Wenn sie mich nicht an ihren Vorgesetzten weiterleiten, wird es nur noch schlimmer. Ich habe sowohl beruflich als auch privat die entsprechenden Mittel.“ (Das war natürlich gelogen und nicht sehr schlau von mir als Kunde der Post).

Die Leitung wurde für ein paar Augenblicke unterbrochen. Danach meldete sie die Frau wieder mit der Antwort: „Es tut mir leid, ich bin nur eine einfache Mitarbeiterin und mein Vorgesetzter sagte mir, ich soll auflegen. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag.“ – Klick

Genau zu diesem Zeitpunkt stellte sich bei mir die fünfte Stufe eines Kunden–Störgefühls ein: „Wer bitte leitet dieses Call Center? Ein Post-Beamter aus der Zeit, als die Telefone noch grau waren?"

Frustlevel 4 – wieder eins zurück

Auf meiner Fahrt nach Hause kochte ich vor Wut. Ich fühlte mich ungehört und als Störkörper der Deutschen Post.

Plötzlich sah ich aus dem Augenwinkel einen Lieferwagen der DHL. Kurzerhand hielt ich an und rannte zu dem Wagen hin. In diesem Augenblick kam der Fahrer von einer Paketauslieferung zurück. Ich zeigte ihm meine Karte und fragte ihn, ob er zufällig mein Paket hätte und erzählte ihm meine Geschichte. Er hörte mich in Ruhe an, warf einen Blick auf meine gelbe Karte und sagte dann: „Hey deine Adresse kenne ich. Da liefere ich oft etwas ab und ganz ehrlich, ich habe bei Euch noch nie eine Karte eingeworfen. Ich klingele immer bei den Nachbarn und gebe die Pakete dort ab, wenn keiner aufmacht. Aber schau mal, der Code auf deiner Karte endet mit BF. Das bedeutet, dass ein Briefträge das Päckchen ausliefert und nicht wir von der DHL.“

Und dann kam der Punkt, bei dem es mir wieder besser ging. Er fuhr nämlich fort: „Weißt du was. Ich bin heute Abend sowieso noch bei deiner Postfiliale. Wenn ich es finde, rufe ich dich kurz an. Gib mir doch bitte Deine Nummer.“

Was für eine großartige Art mit einem Kunden zu reden. Wirklich großartig und hier noch einmal DANKE. Auch wenn er das Päckchen nicht gefunden hat und ich es erst am Geburtstag meiner Frau abholen konnte: Das tat einfach gut!

Was man daraus lernen kann

Liebe Post. Glauben sie wirklich, dass ich noch einmal in meinem Leben bei einer Bestellung den Versand per Post auswähle? Mich als Kunden wieder zu gewinnen wird für Euch ein hartes Stück Arbeit.

Aber stellt Euch einmal vor, das Telefonat mit der Service Hotline wäre nach folgendem einfachen Muster abgelaufen:

Ich: „Guten Tag, ich habe folgendes Problem…“

Service Agent [zeigt zunächst Empathie]: „Oh, das muss wirklich frustrierend für Sie sein.“

Ich: „Ja. Wirklich“

Service Agent [zeigt, dass es das Problem verstanden hat]: „Ok. Also wenn Sie das Päckchen heute nicht mehr bekommen, wird ihre Frau bestimmt traurig sein.“

Ich: „Ja. Das können sie mir glauben“

Service Agent [entschuldigt sich für das entstandene Problem und bietet eine Lösung an]: „Es tut mir leid, dass wir bei ihnen dieses Problem verursacht haben. Bitte lassen sie uns versuchen, es wieder gut zu machen. Ich werde versuchen, den Postboten ausfindig zu machen, um festzustellen, ob sie das Paket vielleicht bei ihm abholen können. Wäre das eine Lösung für sie?“

Ich: Ja sicherlich.

Service Agent [Räumt ein, dass das nicht unbedingt klappen muss]: „Falls es nicht klappen sollte, werden wir uns für den entstandenen Schaden bei ihnen revanchieren. Mag ihre Frau Blumen?“

Liebe Post. Glauben sie, dass ich nach so einem Telefonat jemals wieder einen anderen Lieferdienst beauftragen würde?

Was hat das mit Digitalisierung zu tun

Als Experte für digitale Transformation definiere ich für meine Kunden, die Digitalisierung gerne folgendermaßen:

Digitalisierung bedeutet den maximalen Kundenfokus zu haben.

Gelingt es mir den Kunden da abzuholen, wo er gerade ist, kann das kein anderer mehr, da ich ihn ja schon habe. Es ist dabei nachgelagert, ob ich das mit unglaublich teurer Software schaffe oder mit Papier und Bleistift.

Deshalb ist ein Kunde, der sich mit einem Problem an mich wendet, eine unglaubliche Chance, ihn mit einfachen Mitteln an mich zu binden und seine Bekannten gleich mitzuziehen. Stellen Sie sicher, dass Sie ihren Kunden komplett verstehen. Lernen Sie Ihren Kunden kennen. Messen Sie seine Zufriedenheit und verbessern Sie diese eine Kennzahl permanent. Alle anderen Unternehmenskennzahlen leiten sich in einem digitalisierten Unternehmen davon ab.

Liebe Post. Wenn Sie von diesem Blog betroffen sein sollten, kann ich das verstehen. Das ist definitiv keine schöne Geschichte für sie und auch für mich. Ich kann ihnen aber dabei helfen es besser zu machen.

Lassen sie uns eine Tasse Kaffee trinken.

Johannes Höhne


Es würde mich freuen, wenn sie einen Kommentar hinterlassen würden.
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